1999-2002 NRW-funded project „Agenda 21 and health“

NRW-funded project „Agenda 21 and health“ / NRW-gefördertes Projekt „Agenda 21 und Gesundheit“ [95-46, 95-48]

A21 logo1.10.1999-31.12.2002, funded by the Ministry of Health NRW, later on by the Ministry of the Environment NRW / gefördert durch das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit (MFJFG) NRW bzw. durch das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) NRW

Wolf Philippsen Fehr 2001 Agenda 21 & Ges titel2000 (rev. 2001) Infoband Agenda 21 und Gesundheit (Wolf U, Philippsen D, Fehr R):

  1. Leitidee “Nachhaltigkeit”
  2. Rio-Konferenz und Agenda 21
  3. Umsetzung der Agenda 21
  4. Agenda 21 und Gesundheit
  5. Beteiligung des ÖGD und weiterer Institutionen des Gesundheitssektors am Agenda 21-Prozess
  6. Thema “Gesundheit” in der Agenda-Umsetzung: (k)eine Frage?!
  7. Anhang

Philippsen Möller Fehr 2003 A21 & Ges titel2003 Infoband 2: Gesundheit in der Lokalen Agenda 21 – Praxisbeispiele

  1. Hintergrund
  2. Gesundheit im Lokalen Agenda 21-Prozess
  3. Gesundheitsaktivitäten im Lokalen Agenda 21-Prozess
  4. Vertiefungsbeiträge aus zwei Städten (Duisburg; Münster)
  5. Resümee und Perspektiven
  6. Literatur

20 Thesen “Agenda 21 und Gesundheit” (aus Infoband Agenda 21 und Gesundheit):

  1. Agenda-Prozess

1.1     Das Bemühen um die Umsetzung von Agenda 21 ist zu einem bemerkens­werten Fak­tor weltweiter Politikentwicklung geworden.

Der Agenda-Prozess verbindet auf eine neuartige Weise – von lokal und regional bis natio­nal und weltweit – verschiedene gesellschaftlich-administrative Ebenen und findet in­zwischen breite Resonanz als um­fassender, überparteilicher Orientierungsrahmen.

1.2     Der Agenda-Prozess umfaßt sowohl konsensfähige Theorie-Elemente als auch weithin akzeptierte Praxis.

Mit Theorie-Elementen wie Nachhaltigkeit und Agenda-Trias („Ökologie – Ökonomie – Soziales“) sowie mit Praxis-Elementen wie Agenda-Büros und Runden Tischen stellt dieser Prozess eine konstruktive und erfolgverspre­chende Mischung aus Zielvision und Hand­lungspraxis dar.

1.3     Agenda 21 wird zunehmend auch auf der lokalen Ebene umgesetzt („Lokale Agenda 21“).
Nach mühsamer Anlaufphase und deutlich später als geplant existiert inzwi­schen eine er­staunlich große Anzahl kommunaler Agenda-Beschlüsse. So haben z.B. in NRW bisher ca. 2/3 der 54 Kreise und kreisfreien Städte sowie 50% der knapp 400 Städte und Ge­meinden einen Agenda-Beschluss gefaßt. Bundesweit liegen mehr als 1.600 kommunale Agenda-Be­schlüsse vor.

1.4     Der Agenda-Prozess ist eine ressortübergreifende Aufgabe mit dem Stellen­wert einer „Chefsache“.
Kein Fachressort kann diese anspruchsvolle Querschnittsaufgabe im Alleingang lösen. Für die Umsetzung von Agenda 21 ist wirksame Zusammenarbeit unbe­dingt erforderlich. Agenda 21 ist ein relevantes Thema auch für die Leitungs- und Spitzenebene von Institu­tio­nen.

1.5     Nach der Anlaufphase gewinnen Elemente wie Indikatorennutzung und Erfolgsnach­weis nun für den Agenda-Prozess an Bedeutung.
Bisher stand das Bemühen um Partizipation im Vordergrund; künftig sollten weitere Ele­ment hinzutreten, insbesondere (1) stabile Verbindung zu bestehen­den Planungspro­zessen; (2) Nutzung von qualitativen und quantitativen Indika­toren für eine kontinuier­liche Bericht­erstattung; (3) Formulierung von Nachhal­tigkeitszielen; (4) Evaluation (auch extern).

  1. Gesundheit im Agenda-Prozess: Status quo

2.1     In der Agenda 21 nimmt das Thema Gesundheit einen wichtigen Platz ein.
Das gesamte Kapitel 6 der Agenda 21 ist diesem Thema gewidmet. Das Stich­wortver­zeich­nis der deutschsprachigen Agenda-Übersetzung listet[1] zum Stich­wort Gesundheit mehr als 30 Fundstellen auf, ferner 40 Einträge mit Komposita wie Gesundheitserziehung und –versorgung. Auch in der Rio-Deklaration be­sagt schon der allererste Grundsatz, im Mittelpunkt der Bemühungen um Nach­haltigkeit stehe der Mensch. Die Weltgesund­heitsorganisation bean­sprucht eine Hauptverantwortung bzw. wesentliche Beteiligung für 25 von 120 Bereichen der Agenda 21.

2.2    Der Ansatz der Agenda 21 entspricht dem modernen Verständnis von Gesundheitsde­terminanten.
Hiernach üben nicht nur das Gesundheitswesen, sondern zahlreiche gesell­schaftliche Sekto­ren wie Bauen und Wohnen, Wirtschaft, Ernäh­rung, Transport und Verkehr usw. großen Einfluß auf Gesundheit und Wohlergehen aus. Der Agenda-Prozess bietet die – nicht alltäg­liche – Gelegenheit, eine Vielzahl solcher Einflüsse zu thematisieren.

2.3     Bei der Umsetzung von Agenda 21 spielt das Thema „Gesundheit“ auf allen Ebenen bisher eine untergeordnete Rolle.
Zwar existieren – gerade im internationalen Raum – gewichtige Beiträge wie z.B. die WHO-Publikation „Health and environment for sustainable develop­ment“; dennoch wur­den Ge­sundheitsbezüge bisher relativ wenig beachtet, wie auch der Beitrag der WHO zur Evaluation 1997 („Rio +5“) feststellte.

2.4     Gerade auch die Bemühungen um „Lokale Agenda 21“ erfolgen bisher zumeist ohne Gesundheitsbezüge und ohne Beteiligung von Vertretern des Gesundheitswesens.
Vertreter des Gesundheitswesens sind bisher nur selten am Agenda-Prozess beteiligt. In­zwischen gibt es auf kommunaler Ebene zwar verschiedene Bei­spiele, im Rahmen des Agenda-Prozesses auch das Thema „Gesundheit“ anzusprechen; insgesamt hat dieses Thema aber bisher nicht viel Beachtung gefunden.

2.5     Optionen der Zusammenarbeit von „Healthy Cities“-Programm und Agenda 21 rücken stärker ins Blickfeld.
Allmählich werden die Wechselbezüge dieser beiden Ansätze immer deutlicher erkannt, wo­bei „Healthy Cities“ zeitlich früher entstandenen ist, während Agenda 21 den um­fassenderen Ansatz darstellt. Erste Ansätze für Zusammenarbeit wurden entwickelt.

  1. Gesundheit im Agenda-Prozess: Potentiale

3.1     Das Thema Gesundheit kann sich zu einem Kernthema des Agenda-Pro­zesses ent­wickeln.
Ohne die Bedeutung anderer Themen zu schmälern, läßt sich festhalten, daß nur wenige Themen so nachdrücklich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erfahren wie es für das Thema Gesundheit zutrifft. Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung können daher zu wesentlichen Elementen für den Agenda-Prozess werden.

3.2    Der Gesundheitssektor kann sowohl inhaltlich wie auch verfahrensmäßig wesentliche Beiträge zum Agenda-Prozess leisten.
Nebe seiner Expertise für Gesundheit und Wohlergehen hat der Gesundheits­sektor für den Agenda-Prozess u.a. auch Erfahrungen in Berichterstattung, Risi­koanalyse, Verträg­lich­keitsprüfung, Koordinationsaufgaben sowie Evaluations­fragen anzubieten. Voraus­setzung ist die Mitwirkung von Vertretern des Ge­sundheitssektors in den Gremien des Agenda-Pro­zesses.

3.3     Beim Einbringen des Gesundheitsthemas in den Agenda-Prozess geht es um eine sinn­volle Kombination von Adaptierung und Neuentwicklung.
Viele im Gesundheitssektor bereits vorhandenen Ansätze lassen sich sinnvoll in den Agenda-Prozess einbringen. Dabei ist im Regelfall An­passungsarbeit erforderlich, die aber nicht aufwendig sein muß.

3.4     Bei Anpassungs- und Neuentwicklungsarbeiten ist u.a. an die temporale, die räum­liche und die thematische Dimension von Nachhaltigkeit zu denken und ein Werte­pluralismus zu akzeptieren.
Die temporale Dimension betrifft vor allem eine für den Agenda-Prozess charak­teristische Mehrgenerationen-Perspektive. In räumlicher Hinsicht geht es wesentlich um die Ver­flechtung der Ebenen von lokal bis global. Die thema­tische Dimension beinhaltet den Ver­such systemischer Betrachtung. Neben Gesundheit wollen auch andere Ziele zum Tragen kommen, daher erlangen Konfliktlösungsstrategien große Bedeutung.

3.5     Auch aus Gründen eigener Glaubwürdigkeit verdient der Einfluß des Gesundheits­wesens einschließlich des medizinischen Versorgungssystems auf das Bemühen um Nachhaltigkeit besondere Beachtung.
Ökobilanzen z.B. für klinische Versorgungseinrichtungen sowie entsprechende Stoff- und Energiestromanalysen können dazu beitragen, diesen Einfluß z.B. auf lokaler oder regio­naler Ebene zu präzisieren, um negative Einwirkungen zu minimieren und positive Wirkungen auszubauen.

  1. Nächste Schritte

4.1     Angesichts der ungewohnten Aufgabenstellung erscheint ein schrittweises Vorgehen sinnvoll. Einen zeitlichen Orientierungspunkt bietet die nächste weltweite Evalua­tion des Agenda-Prozesses, nämlich „Rio+10“ im Jahre 2002.
Der Erfolg erster Schritte läßt sich auf empirischer Basis überprüfen, um das weitere Vor­ge­hen entsprechend zu modifizieren.

4.2     Ein erster Schritt ist die verstärkte Öffnung des Gesundheitssektors für das Thema Nachhaltigkeit und den Agenda-Prozess, einschließlich einer ge­wissen „Lern­ar­beit“.
Der Agenda-Prozess hat inzwischen seine spezifischen Konzepte und Termino­logien ent­wickelt. Ohne einen Überblick über bisherige Entwicklung und aktuel­len Diskussions­stand dürfte es für die Vertreter des Gesundheitswesens kaum möglich sein, sinnvolle Beiträge zum Agenda-Prozess vorzubereiten. Unterstüt­zung können entsprechende Pro­jekte liefern.

4.3     Ein zweiter Schritt ist die Identifizierung bestehender Ansätze des Gesund­heits­schutzes und der Gesundheitsförderung, die sich sinnvoll für den Agenda-Prozess ein­setzen lassen.
Vorliegende Erfahrungen mit Berichterstattung, Surveillance-Systemen, Ge­sundheits­zielen, Verträglichkeitsprüfungen und Risikoanalysen sowie die gene­relle Expertise be­züglich Ge­sundheit und Wohlergehen bieten den Hintergrund für diese Auswahl. Kon­krete Agenda-Projekte können z.B. das Umweltmedium Wasser oder den Lebensbereich Verkehr betreffen; diese beiden Themen wur­den auch von der dritten Europäischen Mi­nisterkonferenz „Um­welt und Gesund­heit“ in London 1999 als Schwerpunkte ausge­wählt.

4.4     Als dritter Schritt ist unter den Institutionen und Gruppen des Gesund­heitssektors zu klären, wer sich für welche Teilaufgaben engagieren kann und will.
Hierzu gehört u.a. eine Besinnung der niedergelassenen Ärzteschaft, der Mit­arbeiter statio­närer Einrichtungen sowie des ÖGD über ihre jeweilige Rolle im Agenda-Prozess. Hier geht es nicht um rigide Struk­turen, sondern um Fokus­sierungen, um – bei knappen Ressourcen – ein wirksames Engagement im Agenda-Prozess zu erleichtern.

4.5     Als vierter Schritt wären geeignete Kooperationsprojekte zu formulieren und durch­zuführen.
Solche Projekte können eine Vielzahl von Teilaspekten betreffen, darunter Bedarfsana­lysen, synoptische Aufbereitung und Evaluation bereits bestehender Bemühungen, die Entwicklung und Erprobung von Indika­toren und anderen Werkzeugen sowie den Aufbau einer um­fassenderen Infrastruktur.


[From EHIM project, 20.5.1996] Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG 8: Umwelt und Gesundheit [95-30]
Rainer Fehr, Meinolf Busse, Wilhelm Gabler, Adriane-Bettina Kobusch, Susanne Moebus, Maren Rohr, Hans-Jürgen Serwe

Sieben Thesen zur “Agenda 21” der Rio-Konferenz aus Sicht der Gesundheits- und Umweltwissenschaften

Englische Fassung: Z.f.Gesundheitswiss., 4. Jg. 1996, H.2:184-188.


Initiative für eine “Regionale Agenda 21 Ostwestflen-Lippe”, 5.1.1996 [95-48]

(Rev. 2 Mar 2021)