1.-2.10.2009, Bad Kissingen, 9. UVP-Kongress: Umweltprüfung runderneuert – Fortschritte oder Rückschritte durch das Umweltgesetzbuch und andere Neuerungen?
Eigene Beiträge:
- R. Welteke, K. Bierod, D. Weber, R. Fehr: Gesundheitsbelange in Regionalen Flächennutzungs-plänen: Ffm / Rhein-Main & Städteregion Ruhr [08-15]
- R. Fehr, R. Welteke, O. Mekel: Stadtentwicklung und Gesundheit am Beispiel von Bad Kissingen [08-29]
R. Fehr, R. Welteke, O. Mekel: Stadtentwicklung und Gesundheit am Beispiel von Bad Kissingen [08-29]
| Erwähnung im Tagungsbericht (F. Scholles et al, UVP-report 1+2 2009, S.2-8): | ![]() |
Abstract:
- Hintergrund: Gesundheit ist ein Gut, welches außer im Gesundheitssektor auch in anderen Sektoren “produziert” – und ggf. auch “beschädigt” – wird. Entsprechend hat die Weltgesundheitsorganisation einen strategischen Ansatz “Health in all policies” entwickelt, der auch die Unterstützung der Europäischen Kommission findet; die Planung und Entwicklungsförderung städtischer und ländlicher Räume bietet ein Spektrum gesundheitsschützender, präventiver und gesundheitsförderlicher Handlungsoptionen. In der Vergangenheit stand die Vermeidung gesundheitsriskanter Expositionen (gegenüber Schadstoffen, Lärm etc.) im Vordergrund, also umwelthygienische Problemfelder. Die Orientierung auf Gesundheitsgefahren und -risiken allein wird inzwischen häufig als einseitig “pathogenetisch” kritisiert; die Ergänzung im Sinne “salutogenetischer” Aspekte wie Bewegungsförderung, Erholung und Sozialkontakt erscheint sinnvoll und notwendig. Vor dem Hintergrund immer deutlicher werdender Zusammenhänge von wirtschaftlicher Lage (Armut, Wohlstand) und Gesundheit rücken zunehmend auch ökonomische Faktoren ins Blickfeld, darunter auch die spezifischen Chancen gesundheitswirtschaftlicher Unternehmungen.
- Material und Methoden: Am Beispiel des diesjährigen UVPG-Tagungsortes Bad Kissingen untersucht dieser Beitrag folgende Fragen: Welche Verbindungen zwischen Stadtentwicklung und Gesundheit sind für diese Stadt erkennbar? Welche einschlägigen Dokumente, Themen und Akteure lassen sich identifizieren? Wie sind etwaige (Kooperations-)Prozesse nach Art und Ausmaß zu beschreiben? Hierbei interessiert auch, ob und auf welche Weise der Gesundheitssektor an Planungsverfahren und Stadtentwicklung beteiligt ist und welche Rolle sogenannte “Integrierte Programme” für die Verbindung von Stadtentwicklung und Gesundheit spielen. – Der Beitrag gehört zu einer Serie ähnlicher lokaler bzw. regionaler Studien über aktuelle Veranstaltungsorte in Deutschland. Er ist im Ausgangspunkt auf frei zugängliches (Internet-) Material gestützt, welches einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen wurde. Dabei wurden u.a. folgende Quellenbereiche im Internet herangezogen: allgemeine Mitteilungen der lokalen Politik und Verwaltung; Mitteilungen des lokalen Gesundheitssektors einschließlich des lokalen Gesundheitsamtes; und Mitteilungen anderer Sektoren.
- Ergebnisse: Die Stadt Bad Kissingen als Mittelzentrum liegt im Tal der Fränkischen Saale, umgeben von Rhön-Hügeln vulkanischen Ursprungs. Ihre Selbstdarstellung im Internet dreht sich zentral um ihre Rolle als Kur- und Badeort („bekanntester Kurort Deutschlands“ – „gesundes Klima“). Das Klima wird geschildert als sommerkühles, reizarmes und sauerstoffreiches Wald- und Hügelklima, wesentlich durch die geschützte Lage im Windschatten der Rhön gekennzeichnet. Seit 1972 ist die Stadt Bad Kissingen mit acht weiteren Ortschaften zur „Großen Kreisstadt“ als neuer Typ kommunaler Gebietskörperschaft zusammengefügt, mit insgesamt ca. 24.000 Einwohnern, darunter 28% im Alter von 65 Jahren und älter. Seit 1998 finden jährlich Gesundheitstage statt als „Leistungsschau des medizinischen Gewerbes“, mit Gesundheitsmesse in „Europas größter Brunnen- und Wandelhalle“. Wie es heißt, bietet Bad Kissingen „beste Lebensqualität. Nicht nur für Gäste der Stadt“; Bad Kissingen vereine die Vorzüge städtischer Infrastruktur mit den Annehmlichkeiten ländlicher und naturnaher Umgebung. Wohl mit Blick sowohl auf Einwohner wie auch Kurgäste gibt es Bestrebungen, die Stadt barrierefrei zu gestalten; ein städtischer Behindertenbeauftragter ist eingesetzt. Ein Förderverein Gesundheitszentrum Bad Kissingen hat das Ziel, einen Beitrag zur Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege in Stadt und Landkreis zu leisten; es bestehen Kursangebote und – als Initiative des Fördervereins – die Hygiene-Akademie Bad Kissingen. Seit September 2007 wird im ehemaligen Schlachthof der Stadt eine (Dauer-) Ausstellung „Echte Körper – Von den Toten lernen“ gezeigt, welche Einblicke in die menschliche Anatomie vermitteln soll. Mit der Ausstellung verbunden ist eine Aktion zur Werbung für Organspenden. – Der Landkreis bezeichnet sich als Bäderlandkreis und Gesundheitsregion; im Landkreisprofil werden die Themen Wellness und Gesundheit an erster Stelle genannt. Zum Landratsamt gehört das Staatliche Gesundheitsamt, welches ein Beratungs- und Hilfsangebot auch im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention (u.a. Suchprävention) anbietet. Untersuchungsergebnisse zur Qualität von Badegewässern zeigt eine interaktive Karte. Auch in den Informationen zum Umweltschutz finden sich Gesundheitsbezüge, insbesondere unter der Überschrift Immissionsschutz (Lärm, Außenluft). Hervorzuheben ist eine relativ ausführliche Darstellung zur Agenda 21 (und anderen Dokumenten der Rio-Konferenz von 1992), mit Verbindung zur Energie-Agentur Bayerische Rhön.
- Diskussion: Die ausgewerteten Darstellungen lassen an dem hohen Stellenwert von “Gesundheit” für Bewohner und Wirtschaft von Stadt Bad Kissingen keinen Zweifel; das Thema Gesundheitswirtschaft steht im Marketing ganz im Vordergrund. Die Aussagen gesundheitlich positiver Wirkungserwartungen beziehen sich ganz wesentlich auf die Zielgruppe der Kur- und Badegäste, wobei Quellenverweise nicht zu finden – aber in dieser Art von Darstellung auch eher selten zu erwarten – sind. Gesundheitsbezogene Aussagen für die ortsansässige Bevölkerung sind schwerer zu erkennen. Wie effektiv die Verbindung von Stadtentwicklung und Gesundheit für Gäste wie auch für ortsansässige Bevölkerung ist, lassen diese explorativen Auswertungen noch nicht erkennen. – Aktuell wird versucht, diese externe Auswertung orientierenden Charakters im Dialog mit relevanten lokalen Akteuren zu vertiefen.

