29 Mar 2020, Φ Coronavirus (VI): Aktuelles

Deutscher Ethikrat, 27.3.20: Solidarität und Verantwortung in der Corona-Krise, www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Ad-hoc-Empfehlungen/deutsch/ad-hoc-empfehlung-corona-krise.pdf:

  • p.2: Die gegenwärtige Pandemie fordert unsere Gesellschaft in beispielloser Form heraus. Zumindest aus der jüngeren Geschichte gibt es keine Erfahrungen mit entsprechenden gesundheitlichen Gefahren. Gleiches gilt für die aktuellen rigorosen, massiv und flächendeckend freiheitsbeschränkenden staatlichen Maßnahmen … ethische Kernkonflikt …: Ein dauerhaft hochwertiges, leistungsfähiges Gesundheitssystem muss gesichert und zugleich müssen schwerwiegende Nebenfolgen für Bevölkerung und Gesellschaft durch die Maßnahmen abgewendet oder gemildert werden … Je länger die Pandemie andauert, desto stärker sind … auch die vielfältigen … Folgelasten sozialer und ökonomischer Art zu berücksichtigen.
  • p.4: … Nach … Auskünften von Virologen und Epidemiologen könnte die Pandemie in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit erforderlicher Medikamente und Impfstoffe noch ein bis zwei Jahre dauern … stellt sich die Frage, wie lange die Maßnahmen zur zeitlichen Verzögerung des pandemischen Verlaufs und dabei insbesondere die zur Reduktion körperlicher Kontakte gerechtfertigt sind …
  • p.6: Systemgefährdungen durch die Beschränkungen lassen sich in nahezu allen gesellschaftlichen Teilsystemen prognostizieren: In der Wissenschaft …, wenn weder die Forschungsinfrastrukturen aufrecht erhalten werden können noch der fachliche Austausch im erforderlichen Maß gepflegt werden kann … das Bildungssystem wird seiner … Funktion nicht mehr gerecht. Sport und Kultur sind erheblich beeinträchtigt. Von besonderer Bedeutung sind darüber hinaus: Sozialpsychologische Folgen: … erwartete Nebenwirkungen bedrohen die Gesundheit, möglicherweise … das Leben insbesondere solcher Personen, die vulnerablen Gruppen angehören. Dazu gehören:Patienten, deren medizinische Behandlung als derzeit nicht zwingend notwendig ausgesetzt wird, Personen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Behindertenhilfe, der Sozialpsychiatrie und in Pflegeheimen … Frauen und Kinder, die von häuslicher, durch sozialen Stress induzierter Gewalt bedroht sind … Ökonomische Folgen: … die wirtschaftliche Existenz vor allem von Kleinunternehmern und Selbstständigen gefährdet … Zugleich verlieren viele Menschen, gerade auch in prekären Arbeitsverhältnissen, ihre Arbeit. Neben absehbaren Wohlstandsverlusten … Probleme der Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs … Versorgung medizinischer Einrichtungen …
  • p.7: … eine Reihe von Vorgehensweisen … empfohlen …: Stärkung und Stabilisierung der Kapazitäten des Gesundheitswesens insbesondere der Pflege … Bessere Vernetzung der Akteure im Gesundheitssystem und mit anderen relevanten Gesellschaftsbereichen. Weiterer Ausbau der Testkapazitäten … Weitere kontinuierliche Datensammlung zu individueller und Gruppenimmunität … weitere Modellentwicklung, um Effektivität von Interventionen abschätzen zu können. Breite Förderung/Unterstützung von Forschung zu Impfstoffen und Therapeutika … Unterstützung von interdisziplinärer Forschung … zu sozialen und psychischen Folgen der Covid-19-Pandemie … Kontinuierliche Re-Evaluation von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen; wo vertretbar, deren schrittweise Zurücknahme und eine Wiederaufnahme sozialer und ökonomischer Aktivität. Entwicklung von effektiven und erträglichen Schutz-/Isolationsstrategien für Risikogruppen … und in bestimmten Institutionen … Fundierte Informationsstrategie … Berechnungen der zu erwartenden Kosten durch ergriffene Maßnahmen und Alternativszenarien. Krisen, so heißt es oft, seien die „Stunde der Exekutive“. Das greift zu kurz … Die Corona-Krise ist die Stunde der demokratisch legimitierten Politik.

Bundesregierung (22.3.20): Leitlinien – Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 22. März 2020, www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/besprechung-der-bundeskanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-1733248, (als pdf-Datei: www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/1733246/e6d6ae0e89a7ffea1ebf6f32cf472736/2020-03-22-mpk-data.pdf?download=1)

Deutsches Ärzteblatt

  • DÄB, 20.3.20: Coronakrise: Lehren für die Zukunft der Krankenhäuser, aerzteblatt.de/nachrichten/111230/Coronakrise-Lehren-fuer-die-Zukunft-der-Krankenhaeuser: „… Eine klarere Abstimmung zwischen den Krankenhäusern forderte … Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin. ‘Es muss klar sein, wer die Versorgung koordiniert und wer wofür … verantwortlich ist’, forderte er. Es dürfe nicht jedem Krankenhaus überlassen bleiben, was es anbiete. ‚Ein solcher Plan, wie die Krankenhäuser in einem Pandemiefall zusammenarbeiten, lag nicht in der Schublade’, sagte Busse … schlug vor, dass die 50 bis 60 größten Krankenhäuser des Landes … die Versorgung in ihrem Bereich koordinieren. … forderte, die Krise zu nutzen, um das System mit dem Fokus auf Qualität umzustrukturieren‘…“
  • DÄB, 27.3.20: Deutsches Rotes Kreuz will Ausbau von Katastrophenschutz, aerzteblatt.de/nachrichten/111429/Deutsches-Rotes-Kreuz-will-Ausbau-von-Katastrophenschutz?rt=e129c00bc51fea261963a14add9c8ee9
  • DÄB, 27.3.20: Hochschulen – Wissenschaftler sammeln Erinnerungen an Coronakrise, /www.aerzteblatt.de/nachrichten/111448/Wissenschaftler-sammeln-Erinnerungen-an-Coronakrise?rt=e129c00bc51fea261963a14add9c8ee9: … Über ein Onlineportal wollen Wissenschaftler Material zur Dokumentation der Coronakrise sammeln. Dazu haben die Universitäten Hamburg, Gießen und Bochum das Projekt „Coronarchiv“ ins Leben gerufen. Das Portal solle die Pandemie aus Sicht der Bürger dokumentieren – und jeder sei aufgerufen, sich zu beteiligen, erklärten die Hochschulen gemeinsam … Mit dem Archiv entstehe eine zentrale Anlaufstelle, die nicht nur eine spätere Rückschau auf die Ereignisse ermögliche, sondern auch für die künftige Forschung zur Verfügung stehe, erklärte Thorsten Logge, Juniorprofessor an der Universität Hamburg.

Aufruf des Medizinhistorischen Museums Hamburg: Corona-Exponate, www.uke.de/kliniken-institute/institute/geschichte-und-ethik-der-medizin/medizinhistorisches-museum/index.html: … Eine Flasche Desinfektionsmittel erinnert … an die Cholera von 1892 … Welche Objekte und Dokumente werden wohl in 100 Jahren die aktuelle Krisensituation rund um das Corona-Virus vermitteln? Ob Warnhinweise, Einsatzpläne …, gemeinsam von Kindern und Eltern gemalte Virus-Bilder, selbstgebastelte Mundschutzmasken … – bewahren Sie diese Objekte … und Dokumente für uns auf, sodass wir sie nach dem Ende der “Corona-Zeit” in einer Ausstellung zeigen können! Den Aufruf starten wir gemeinsam mit der Morgenpost …

Fischedick M, Schneidewind U (Wuppertal-Institut, März 2020): Folgen der Corona-Krise und Klimaschutz –Langfristige Zukunftsgestaltung im Blick behalten. Wirtschaftliche Hilfen geschickt lenken und Synergiepotenziale für dringend notwendige Zukunftsinvestitionen ausschöpfen. Diskussionspapier, https://wupperinst.org/fa/redaktion/downloads/publications/Corona-Krise_Klimaschutz.pdf:

  • p.4, Abb.1, Die vier Dimensionen der Zukunftskunst als Orientierungsraster für Zukunftsgestaltung in der Corona-Krise: technologisch, ökonomisch, kulturell, institutionell
  • p.5, Abb.2, Drei-Phasen-Modell des Umgangs mit der Corona-Krise: (1) Gesundheitsvorsorge, (2) kurzfristige ökonomische Krisenabwehr, (3) langfristige Transformation
  • p.9, Mit Blick auf die langfristigen Transformationsherausforderungen gilt es … die Chance zu nutzen, aus der Corona-Krise … Lehren zu ziehen. Dies gilt: 1. für das Reflektieren von Konsum- und Verhaltensmustern, 2. die Reduktion von Verletzlichkeiten durch global vernetze Wertschöpfungsketten in zentralen Produktionsbereichen und 3. die krisenfeste Sicherstellung von Produkten und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge und Grundversorgung, beispielsweise Güter für das Gesundheitssystem.
  • p.10-11: … können zwei Lektionen aus der Wirtschaftskrise 2009 gelernt werden: Erstens: … Bei einer klugen politischen Flankierung kann ein stockendes ökonomisches System zeitnah wieder mobilisiert werden. Deshalb sind die angekündigten Maßnahmen der Bundesregierung wichtig und richtig. Zweitens: Auch im Zeitraum der Wirtschafts-…krise ist es zu einem deutlichen Rückgang der Treibhausgasemissionen gekommen, die danach implementierten Maßnahmen und staatlichen Anreize haben aber zu einem … starken Reboundeffekt geführt … Dies gilt es in diesem Fall zu vermeiden.

International


SZ-Titelstories

  • Busse C et al. (SZ, 20.3.20): Sturz in die Rezession. Die stark Einschränkungen des öffentlichen Lebens könnten viele kleine Firmen in die Pleite treiben, erwarten Ökonomen. Bund und Länder wollen mit hohen Zuschüssen dagegenhalten.
  • Braun S et al. (SZ, 21.3.20): Innen leben. Bayern und weitere Bundesländer verhängen Ausgangsbeschränkungen. Es drohen Bußgelder bis zu 25 000 Euro. Die Zahl der Infizierten wächst weiterhin stark.
  • Fried N et al. (SZ, 23.3.20): Merkel in Quarantäne. Kanzlerin hatte Kontakt zu einem infizierten Arzt und muss zuhause bleiben. Bund und Länder untersagen im Kampf gegen das Coronavirus Treffen von mehr als zwei Personen. Dies gilt nicht für Familie und Beruf. Milliardenhilfen sollen die Wirtschaft stützen.
  • Bauchmüller M et al. (SZ, 24.3.20): Milliarden gegen den Absturz. Um Arbeitsplätze und Unternehmen in der Corona-Krise zu retten, beschließt die Koalition ein beispielloses Hilfspaket. Auch die Einschnitte ins öffentliche Leben scheinen erste Wirkung zu zeigen.
  • Auer K et al. (SZ, 25.3.20): Länder verstärken kampf gegen die Krise. Während sich das Coronavirus weiter ausbreitet, legen nach der Bunderegierung nun auch die Bundesländer Hilfsprogramme auf. Bayern erwartet Kurzarbeit für ein Viertel der Arbeitnehmer.
  • Rossbach H (SZ, 26.3.20): „Dafür gibt es kein Drehbuch“. In einer historischen Sitzung verabschieden die Abgeordneten des Bundestags ein gewaltiges Wirtschaftspaket – und sie applaudieren stehend allen Helfern in der Krise.
  • Balser M et al. (SZ, 27.3.20): Diskussion über „Exit-Strategie“. Erste Stimmen in Berlin und Brüssel fordern eine baldige Lockerung der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Doch wann und wie dies geschehen soll, itst noch völlig offen.
  • Charisius H et al. (SZ, 28.3.20): Wie lange noch? Um den Kampf gegen das Coronavirus zu beschleunigen, fordert das Innenministerium mehr Tests. Ein Land im Stillstand – und wie es diese Zeit nutzen kann.

SZ sonst

  • Meiler O (SZ, 23.3.20): Entscheidung ohne Alternative. Italiens Premier Conte lässt Ämter, Fabriken und Unternehmen schließen – viele davon wird es danach wohl nicht mehr geben. Doch der rasante Anstieg der Todesopfer lässt ihm keine Wahl.
  • Diamond J et al. (SZ, 23.3.20): Der Virenmarkt. Wenn der Handel mit Wildtieren nicht gestoppt wird, droht der Welt die nächste Pandemie.
  • Wetzel H (SZ, 26.3.20, p.3): Im Fieberwahn. Die Amerikaner haben Kriege, Krisen, Terror überstanden. Aber da waren oft Präsidenten mit Größe und Autorität im Amt. Jetzt sitzt Trump im Weißen Haus. Das kommt zum Virus noch dazu.
  • Mascolo G et al. (SZ, 27.3.20, p.2): Gehört, gestaunt, vergessen. Seit der Jahrtausendwende forderten die WHO und Experten immer wieder, sich gegen eine Pandemie zu wappnen. Doch die Mahner wurden nur bedingt ernst genommen – und anderes erschien dringlicher. „… Pandemien unterschätzt … Erklärungen … Es sei generell schwer, massive Ressourcen und Aufmerksamkeit für etwas zu mobilisieren, das … eben doch mehr nach Hollywood klinge als nach dem wirklichen Leben … Eigentlich stehe in jedem Pandemie-Plan, dass Vorsorge zu treffen sei, überall in den Ländern, Landkreisen, Städten, Krankenhäusern …“
  • Hampel L et al. (SZ, 28.3.20, p.23): Am Abgrund. Die Corona-Krise trifft besonders die sozial Schwachen: Geringverdiener, Teilzeitkräfte, Alleinerziehende. Millionen fürchten um ihre Gesundheit und ihre Existenz. Die Sutuation könnte für sie gefährlicher werden als in der Finanzkrise.

Weiteres